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scrreprt und scrartl für eine vierte Gliederungsebene

Liebe Helfende in diesem Forum,

derzeit sitze ich an meiner Masterarbeit im Fach Chemie. Dabei bediene ich mich bisher der Dokumentenklasse scrartcl. Ich bin jetzt an einen Punkt gestoßen, wo ich mich frage, welche "Version" für das geübte Auge "ästhetischer aussieht" bzw. am sinnvollsten umzusetzen ist. In Anlehnung an das Zitat im Koma Script "weil Laien Typografen nicht sehen, was nicht stimmt und nicht wissen können, worauf es ankommt" suche ich hier nach ein wenig Hilfe. Ich hoffe die Länge des Beitrages schreckt nicht ab, ich versuche darzustellen, dass ich mir zumindest im Rahmen meiner Möglichkeiten einige Gedanken gemacht habe.

Ich begegne dem Problem, dass meine Gliederung an mehreren Stellen die vierte Ebene erreicht, was ich derzeit mit der Gliederungsebene \paragraph erreiche. Dies liegt vorallem daran, dass ich in der Ebene section derzeit das verwende, was man durchaus als Kapitel bezeichnen könnte. Die bisherige Struktur sieht also so aus:

 
\documentclass[english, 12pt]{scrartcl}
 
\begin{document}
\section{Ergebnisse und Diskussion}
\subsection{Synthese}
\subsubsection{Synthese Stoffgruppe 1}
\paragraph{Synthese Stoff A}
 
\section{Experimente}
\subsection{Synthese}
\subsubsection{Synthese Stoffgruppe 1}
\paragraph*{Stoff A}
 
\end{document}

Allerdings handelt es sich bei dem Abschnitt der Synthese von Stoff A im Bereich Diskussion um einen mehrseitigen Abschnitt mit Bildern, Schemata und Analyseergebnissen. Das bei so einem umfangreichen Abschnitt die Überschrift als erste Zeile im Text gesetzt ist, passt (für mich) daher nicht.
Nun bediene ich mich derzeit der (absolut unsauberen) Lösung hinter dem \paragraph{} eine leere Box und dann einen Zeilenumbruch zu erzwingen.

\paragraph{Synthese Stoff A} \mbox{} \\

Mir ist bewusst, dass man \\ nicht verwendet, es war aber die erstbeste Lösung die funktioniert hat.

Im Experimentalteil passt die Formatierung von \paragraph{} sehr gut, da wird überlicherweiße ein Abschnitt im Fließtext geschrieben und der Name des Stoffes wird als erstes fett gesetzt. Ich brauche in dem Abschnitt keine Nummerierung und benutze \paragraph*{}

Jetzt würde ich das ganze gerne "sauber und ordentlich" machen (und dabei vielleicht gleich noch etwas lernen) und bin jetzt zu der Überlegung gekommen, dass ich mit einem Wechsel auf scrreprt die Gliederungsebene \chapter{} erhalte und daruch die Probleme im ersten Abschnitt löse, denn die vierte Gleiderungsebene wäre dann \subsubsection{}.

Allerdings würde ich dann im Experimentalbereich eine Gliederungsebene überspringen um weiterhin mit \paragraph*{} arbeiten zu klnnen. Zudem erscheinen die Kapitelüberschriften (sel wie richige Überschriften und sind damit etwas zu groß und der standard pagestyle scrheadings.plain passt (für mein Gefühl nicht). An anderer Stelle hatte ich zudem von Markus Kohm in einem Forum gelesen, dass ein Chapter een auch ein Chapter sein sollte und nicht zur Section degradiert werden sollte (es ging dabei um den Beginng eines chapters auf einer vorherigen Seite) und dem stimme ich auch zu.

Hier ein paar Überlegungen, wie man das Problem angehen könnte, welche wäre denn aus eurer Sicht am ehesten angebracht (oder welche alternativen Möglichkeiten gibt es?)
A) Alles so lassen wie es ist, der workaround mit \mbox{}\\ ist nicht schön aber reicht
B) Globale saubere Definition der \paragraph Ebene, sodass und ein workaround für den Experimentalteil (z.B. mit Itemize ohne Einzug und Gliederungsmarkierung)
C) Umsteigen auf scrreprt, Einfügen eines Kopfzeilendesigns für die Kapitelseiten und ein workaround für den Experimentalteil (z.B. Gliederungsebene überspringen)

\chapter{Experimental Teil}
\section{Synthesen}
\subsection{Synthese Stoffgruppe 1}
\paragraph*{Synthese Stoff A}

Vielen Dank für eure Ideen und eure Unterstützung.

Bild von Markus Kohm

Zunächst würde ich die Frage, ob scrreprt und \chapter als oberste Ebene oder scrartcl und \section als oberste Ebene nicht daran festmachen, ob die Ebenen unten reichen oder nicht. Einziges Kriterium ist, ob die oberste Ebene wirklich ein Kapitel ist, also auch auf einer neuen Seite beginnen soll und idealer Weise auch besonders herausgestellt sein soll oder nicht.

Wenn es auf oberster Ebene nur die beiden Überschriften »Ergebnisse und Diskussion« und »Experimente« gibt und Du diese wie in obiger Erklärung und in Deinem eigenen Denken ohnehin als Teile bezeichnest, dann deutet das für mich darauf hin, dass das eher keine Kapitel, sondern in der Tat Teile, also \part{Ergebisse und Diskussion} bzw. \part{Experimente}, sind. Wenn dann »Synthese« kein Kapitel sein soll, sondern eher ein Abschnitt, dann wäre das \section{Synthese} und die Klasse ist dann scrartcl.

Kann man dann im Experimentalteil direkt von \subsection{Synthese Stoffgruppe 1} zu \paragraph{Synthese Stoff A} springen? Man kann. Man kann deshalb weil hier von freistehenden Überschriften zu Spitzmarken gewechselt wird und von nummerierten zu nicht nummerierten Überschriften, die auch nicht im Inhaltsverzeichnis erscheinen. Beides ist wichtig, weil es im Inhaltsverzeichnis sehr seltsam wäre, wenn eine Ebene ausfallen würde. Es ist nicht unbedingt ideal und natürlich kann man darüber nachdenken, ob auch eine description-Umgebung eine Lösung wäre. Das kann ich aus der Ferne und nur aufgrund eines Codeschnipsels und etwas Beschreibung aber schlecht beurteilen.

Übrigens braucht man die Sternform hier nicht. Die Entscheidung bezüglich Nummerierung und (fehlende) Aufnahme ins Inhaltsverzeichnis sollte besser global über secnumdepth und tocdepth getroffen werden und dürfte in der Voreinstellung passen.

Sollten doch auf oberster Ebene oder darunter Kapitel gewünscht sein, so sind die Überlegungen entsprechend anpassbar. Bei Bedarf kann ich mich auf entsprechend detaillierte Nachfragen auch noch einmal äußeren. (Persönliche Anmerkung: Während man bei einer Bachelor-Arbeit schon noch darüber streiten kann, ob scrreprt nicht übertrieben ist und scrartcl für die paar Seiten nicht besser taugt, würde ich für eine Master-Arbeit immer min. zu scrreprt greifen. Das nicht nur wegen des Umfangs, sondern vor allem auch wegen des Stellenwerts der Arbeit. Aber es mag natürlich sein, dass in bestimmten Fachbereich kein großer Unterschied zu einer Bachelor-Arbeit besteht und erst eine Dissertation einen entsprechenden Rahmen bekommt.)

Sollen obige Überlegungen insgesamt eher unzutreffend sein, dann sollte man trotzdem nicht mit \mbox{}\\ herumpfuschen, sondern ggf. mit \RedeclareSectionCommand dafür sorgen, dass die Überschriften der entsprechenden Ebene freistehend werden. Seit KOMA-Script 3.26 ist das über Option runin denkbar einfach.

Ich weiß, bei Chemikern gibt es (ähnlich zu Juristen) anderen Menschen teilweise seltsam anmutende Gepflogenheiten. Da ist es manchmal eine Gratwanderung einen Kompromiss zwischen guter Typografie und Chemikertradition zu finden – und leider wird der Aufwand für die Umsetzung dadurch eher nicht geringer. Die oben genannten Punkte sollten aber nicht wirklich ein Problem sein.

Vielen Dank für die ausführlichen Antworten.
Kurz zum Aufbau der Arbeit es wird (angelehnt an die übliche Struktur einer Arbeit in der Chemie, da folge ich den Gepflogenheiten) 4 "Abschnitte" geben.
Introduction (1-2 Seiten), Theorie (10-20 Seiten), Ergebnisse und Diskussion (quasi der Hauptteil der eigenen Arbeit 20-30 Seiten) und den Experimentalteil (meist 10-15 Seiten) dann kommen Literaturverzeichnis, Abbildungsverzeichnis und jede Menge zusätzliche Abbilungen als Anhang.

Ich habe mir auch die Frage nach den "Kapiteln" gestellt, und für mich sind es schon Kapitel einer Arbeit (unabhängig davon wie tief ich am Ende komme). Ich muss gestehen, dass ich bisher aus Gewohnheit scrartcl benutzt habe, der Umfang reichte für das was ich tun wollte. Schon bisher habe ich jede \section{} per Befehl auf einer neuen Seite beginnen lassen.
Daher erscheint es mir logisch, hier grundsätzlich auf scrreprt zu wechseln.
Was mich nach wie vor iritiert ist die doch sehr markannte Darstellung der Kapitelüberschriften (was mit \part{} nicht besser ist) und die fehlenden Kopfzeilen.

Mein weitere vorgehen wäre also, auf scrreprt zu wechseln. Im Experimentalteil erzeuge ich (wegen der chemischen Gepflogenheiten einfach einen \paragraph und stelle mit \secnumdepth{} die Tiefe der Nummerierung ein.

Die Arbeit wird am Ende einseitig gedruckt, Kapitel beginnen also auf einer neuen Seite aber nicht auf einer neuen Doppelseite.
Wäre es ästetisch vertretbar, die Schriftgröße der Kapitelüberschriften zu verringern (oder passt das dann mit den weiteren Unterüberschriften nicht mehr) und wäre es denkbar eine Kopf/Fußzeile einzuführen?

Womit ich bei der letzten Frage wäre, für mich erscheint eine Kopfzeile mit dem Kapitel bei nur 4 Abschnitten wenig hilfreich. Sollte ich dann lieber die \section{} Titel verwenden oder ist das unüblich? Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Kopfzeile nur für eine ganz grobe Orientierung sorgen soll und gar nicht zu spezifisch sein darf.

Bild von Markus Kohm

KOMA-Script bietet mit Option headings die Möglichkeit verschiedene Abstufungen der Überschriftengröße zu wählen. Probier einfach mal beispielsweise headings=normal. Damit werden die Überschriften insgesamt etwas kleiner. Wobei bei scrreprt die Kapitelüberschriften schon deutlich dezenter sind, als bei report.

Natürlich kann man über \setkomafont auch für jede Gliederungsebene bzw. einzelne Ebenen selbst die Größe festlegen. Da würde ich aber empfehlen, eher moderat vorzugehen.

Wichtig noch: secnumdepth ist ein Zähler kein Befehl. Siehe dazu auch die Anleitung. Wobei ich davon ausgehe, dass Du gar nichts daran ändern musst.

Eigentlich ist es unüblich nur die Abschnittsebene aber nicht die Kapitelebene im Kolumnentitel zu zeigen. Ob das bei den Chemikern anders ist, kann ich nicht sagen. Ich würde daher entweder beide Ebenen zeigen oder nur die Kapitel. Jedenfalls ist eine Änderung mit scrlayer-scrpage kein Hexenwerk. Wenn Du Dich aber entscheidest, nur die Abschnitte zu zeigen, dann musst Du zumindest auf den Seiten, auf denen es noch keine Abschnitte gibt, dafür sorgen, dass die Kapitel angezeigt werden. Stichwort: \automark*.

Und vergiss Kolumnentitel auf Kapitelanfangsseiten. Das ist eine typische Frage von Wordbenutzern (nein, soll keine Beleidigung sein). Es bringt rein gar nichts, über der Kapitelüberschrift die Kapitelüberschrift noch einmal als Kolumentitel zu haben. Und gar die Abschnittsüberschrift, die eine Untergliederung des Kapitels ist über der Kapitelüberschrift stehen zu haben … das klang schon falsch, bevor ich Teile des Satzes kursiv gesetzt habe.

Den  headings Befehl schaue ich mir nochmal genau im Script an.
Den \secnumdepth Zähler hatte ich mir schon angeschaut um meine Paragraphen zu nummerieren bzw. sie mit  \tocnumdepth im Inhaltsverzeichnis anzuzeigen. Letzteres habe ich schon Rückgängig gemacht, ein Inhaltsverzeichnis mit 20 Stoffnamen als Paragraphen hilft keinem, ersteres kommt jetzt.

Das mit den Untergliederungen über den Kapiteln hatte ich schon als Problem identifiziert und hätte nur für die Kapitelseiten einen eigenen Header mit der Kapitelüberschrift erstellt. Dann steht Kapitel über dem Kapitel aber alles ist gleich. Das werde ich dann aber wohl lassen und einfach nur die Kolumnen-Titel in den Header setzen und nur auf den Seiten abseits der Kapitelstartseite.
Seitenzahlen hätte ich trotzdem gerne drauf, das werde ich aber denke ich mit scrlayer-scrpage gut hinbekommen.

Nocheinmal vielen Dank für all die hilfreichen Tipps und Ideen, es ist unglaublich spannend die Ausführungen zu lesen (nein das ist keine Ironie) und mehr darüber zu lernen.
Damit werde ich mich wohl dem unschönen Teil der Masterarbeit, dem eigentlichen Textschreiben widmen.

[Admin-Edit:] Beitrag passend in der Diskussion verschoben.

Bild von Markus Kohm

Zähler haben keinen Backslash am Anfang!

Die Voreinstellung für \chapterpagestyle ist plain und die Voreinstellung für den Seitenstil plain ist mit Seitenzahlen. Wenn man mit scrlayer-scrpage den Seitenstil ändert, sollte man das in der Regel natürlich auch beibehalten.

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