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Warum eigentlich?

Bild von Markus Kohm

Immer wieder bekomme ich Fragen nach dem Warum? Mal will jemand wissen, warum bei KOMA-Script eine Voreinstellung so und nicht anders ist, mal will einer wissen, warum etwas nicht funktioniert, dann wieder werde ich gefragt, warum ich eigentlich neben der Entwicklung auch noch Support in verschiedenen Foren, im Usenet, auf Mailinglisten und per E-Mail mache. Manchmal frage ich mich, warum die Leute das wissen wollen.

Eigentlich habe ich alle diese Fragen schon mehr als einmal beantwortet. Aber vielleicht ist es an der Zeit, das einmal zusammenzufassen:

Voreinstellungen von KOMA-Script sind entweder von Script 2.0 für LaTeX 2.09 geerbt, oder ich fand die irgendwann mal ganz toll, oder es war die Einstellung, die bei Implementierung einer neuen Möglichkeit der vorherigen Version ohne diese Möglichkeit entsprach oder zumindest am nächsten kam. Aus Kompatibilitätsgründen habe ich jahrelang Voreinstellungen nicht geändert. Seit Version 3.01 habe ich jedoch begonnen, einige Einstellungen zu ändern. Die Änderung der Voreinstellung ist dabei in der Regel über die Option version abgesichert. Vor allem ist die jeweilige Änderung aber auch in der Anleitung und auf der Errata-Seite der aktuellen Auflage des KOMA-Script-Buches dokumentiert.

Warum etwas nicht funktioniert kann die unterschiedlichsten Ursachen haben. Die trivialste ist, dass ich etwas nie vorgesehen hatte oder der Anwender etwas grauenvoll außerhalb der Spezifikation versucht. Es gibt aber auch sehr komplizierte Antworten wie: Das geht mit TeX nicht.

Dass ich noch Support mache, hat sehr viel mit meiner Lebenseinstellung zu tun. Das ist vor allem dann der Fall, wenn ich mal wieder Fragen zu beantworten habe, die ich schon viele Mal beantwortet habe und die ich – eventuell aus diesem Grund – auch in der Anleitung behandle. Es hat aber auch damit zu tun, dass unter vielen Antworten, die jeder x-beliebige LaTeX-Anwender beantworten könnte (es aber leider oft nicht tut), auch immer wieder Perlen zu finden sind, die mich am Ende dazu motivieren, überhaupt wieder weiter zu machen. Ich bin mir bewusst, dass es auch Entwickler gibt, die sich vor Fragen abschotten. Manche davon mögen Fragen und Vorschläge von Anwendern vielleicht noch lesen, antworten aber grundsätzlich nicht. Andere lesen die Fragen gar nicht mehr. Für mich ist das keine Alternative. Gerade KOMA-Script kann inzwischen wesentlich mehr, als ich je davon verwendet habe. Pakete wie marginnote und SplitIndex habe ich selbst sogar nie verwendet. Sie sind als ausgelagerter Code aus anderen Projekten entstanden und haben sich dann verselbständigt. Ich selbst habe aber den Original-Code in diesen anderen Projekten nie ersetzt. Dementsprechend tut sich bei marginnote und SplitIndex auch nur etwas, wenn ein Anwender nachhakt. Ohne Kontakt zu Anwendern gäbe es diese Pakete gar nicht.

Dass ich auch noch auf Fragen antworte, die mit meinen eigenen Paketen wenig bis nichts zu tun haben, hat einen ganz anderen Grund: Mir genügen manchmal die anderen Antworten einfach nicht. Das bedeutet nicht unbedingt, dass die anderen Antworten Unsinn enthalten. Mir fehlt es manchmal auch einfach an einer Erklärung. Natürlich mag nicht jeder Fragesteller neben einer Lösung auch noch eine Erklärung dazu. Ich bevorzuge aber solche Hilfe, die es dem Fragesteller ermöglicht zu verstehen, was er tut. Damit hat er dann auch die Chance, die Lösung an geänderte Anforderungen anzupassen oder sogar selbst Fragen zu beantworten.

Neben diesen »Warum?« von den Anwendern, stelle ich diese Frage natürlich auch. Die Frage »Warum muss ich eigentlich alles selbst machen?« hat in der vergangenen Woche ein Anwender sehr engagiert mit »Musst Du nicht, ich nehme Dir etwas ab!« beantwortet. Besonders hoch rechne ich Daniel an, dass er sich dabei von Schwierigkeiten unterschiedlicher Art nicht hat abhalten lassen, sondern durchgehalten hat. Er hat damit den Anwendern einen großen Dienst erwiesen. Leider wird seine Hilfe eher im Verborgenen bleiben. Für mich ist das ein Grund mehr, hier zu sagen: Danke Daniel, dass Du Dich um die CTAN- und TeX-Live-Release von SplitIndex gekümmert hast und sogar zugesagt hast, das für SplitIndex und marginnote vorerst aufrecht zu erhalten!

Einige Fragen sollten damit beantwortet sein. Andere habe ich bewusst oder unbewusst übergangen. Dazu gehört auch die Frage, warum es immernoch kein Update von KOMA-Script gibt. Die will ich aber noch behandeln: Nachdem Alexander seinen Teil geleistet hat, hängt es nun an mir, und ich hoffe, dass ich die Frage nächste Woche nicht mehr anschneiden muss.

Bis demnächst
Markus

Kommentare

Ist doch klar, woher die Fragen kommen - der typische KOMA-Script-Anwender scheint einfach neugierig zu sein. Ich würde beispielsweise gern wissen, ob Du das hauptberuflich machst. Solltest Du das verneinen, müsste sich zwangsläufig die Frage anschließen, welchen Beruf man neben Entwicklung und Support von KOMA-Script eigentlich ausüben kann.

Mithelfen? Gute Idee. Fragt sich nur wie. Der Schritt vom LaTeX-Anwender zum KOMA-Script-Entwickler scheint mir riesig zu sein, obwohl ich Informatiker bin. Ich habe mir zwar schon manches Hilfsmakro gestrickt, aber die Arbeitsweise von TeX, glaube ich, noch nicht einmal ansatzweise verstanden. Dazu müsste ich erstmal ein Wochenendseminar besuchen, wenn es das denn gäbe ...

Bild von Markus Kohm

Das ist keine Geheimnis. Ich bin hauptberuflich Hausmann in einem vier Personen Haushalt und Allzweck-Handwerker in unserem Haus und Garten. KOMA-Script ist eines meiner Hobbys und verschlingt einen großen Teil meiner Freizeit. Dass das überhaupt funktioniert, ist in erster Linie meiner Frau zu verdanken.

Wäre ja schön, wenn mich jemand dafür bezahlen würde, aber ich fürchte, es gibt keine OpenSource-Firmen in dem Bereich, die bereit wären, mich diesbezüglich zu unterstützen. Machen könnte ich das ohnehin nur in Teilzeit. Immerhin verdiene ich am KOMA-Script-Buch, das sich in dritter Auflage für mich erstaunlich gut verkauft, etwas. Als Beitrag zum Lebensunterhalt würde das aber nicht reichen. Immerhin konnte ich mir bezüglich eines anderen Hobbys dadurch mal eine Kleinigkeit nebenbei gönnen. Vielleicht sollte ich mehr Zauberer und Hexen in dem Buch einbauen ...

TeX lernt man nicht über Nacht. Ich selbst lerne immernoch ständig dazu. Am wichtigsten ist, dass man sich von der Vorstellung prozeduraler Programmiersprachen löst. TeX ist eine sehr spezielle Makro-Programmiersprache und ähnelt damit am ehesten noch dem, was ich vor 20 Jahren von Makro-Assemblern gewohnt war. Am nächsten kommt noch die Vorstellung, man würde ein komplettes Programm in M4 oder dem C-Präprozessor schreiben und dabei nur zusätzlich ein paar echte Variablen und die vier Grundrechenarten auf diesen Variablen verwenden und dabei auch noch beeinflussen können, wie der Parser arbeitet. Wenn man so weit ist, hat man aber noch immer nicht verstanden, wie TeX intern tickt, also beispielsweise Boxen zusammengebaut und wieder zerlegt werden. Wenn man glaubt, das endlich verstanden zu haben, findet man garantiert ein Problem, bei dem man dahinter kommt, dass dies doch nicht der Fall ist. Ich kenne nur ganz wenige Leute, die TeX wirklich verstanden haben. Ich gehöre nicht dazu. Und auch bei den Leuten habe ich schon erlebt, dass sie erst einmal das TeXbook rausgekramt haben ...

Und jetzt muss ich Wäsche waschen und Mittagessen vorbereiten.

Markus

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